Zunächst mache ich mal ein Geständnis… Ich war noch nie bei den Pfadfindern. Aber aus amerikanischen Zeichentrickserien glaube ich zumindest, dass ich mir auf informellem Bildungsweg ein bisschen „Wissen über Pfadfinder“ angeeignet habe.
Als ich neulich in einem elitären Kreis…okay okay ich war nur in der Uni…eigentlich auch „nur“ an der FH…über die Integration von Badges in einem Learning Management System sprach, folgte der Spruch: „Sind wir hier bei den Pfadfindern, oder was?!“
Auch wenn es mich zunächst verwirrte, so ist da ja was Wares dran. Denn wenn ich über meinen informellen Wissensstand an Pfadfinder denke, so habe ich auch deren Uniform vor Augen. Eine Uniform, die mit einem Band umrahmt ist, dass jede Menge „Auszeichnungen“ festhält und so anderen Pfadfindern zeigt, was für tolle Dinge man kann oder gemacht hat.
Wer hier also schon beim Lesen die Paralellen zu den „Digital Badges“ zieht, dem sei gesagt: „You are right!“
Im Folgenden möchte ich nun einen kleinen Badge-Überblick geben. Bzw. einen „Digital-Badge-Überblick“.
Digital Badges
Noch habe ich die Meinung, dass das Einsetzen von Badges selbst eine kleine Spielerei ist. Bei der Khan Academy bekomme ich zum Beispiel schon einen Badge, wenn ich es schaffe 15 Minuten über ein Thema anzusehen. Ob ich dabei nun wirklich anwesend war, weiß letztlich auch keiner… In meinem heißgeliebten Manager-Spiel bekomme ich gefühlt für fast jeden neuartigen Klick einen Badge. Ich werde dort geradezu mit Badges überhäuft. Stellt sich also bei beiden Modellen zunächst die Frage: „Wozu brauche ich diese Badges?“
Durch diese Badges werde ich jedenfalls nicht weiter motiviert, weder bei der Khan Academy noch bei dem Manager-Spiel.
In diesem Zusammenhang kam dann wie bestellt ein toller Blogartikel von Michael Ludwig Höfer auf seinem Blog Streifzüge. Thema dort: Gamification. Und in der Tat gehören Badges zum Gamification-Bereich. Doch welche soziale Mechanismen und Reputationsmechanismen greifen bei Badges, die im Prinzip jeder mit einem Mausklick bekommen kann. Kann man als Anwender wirklich stolz darauf sein, wenn man nun einen zweiten Badge bekommt, weil man es sogar geschafft hat 30 Minuten Videos laufen zu lassen?!?! Auch in dem Blogbeitrag von Höfer wird gesagt, dass Menschen unterschiedlich sind und unterschiedlich motiviert werden müssen. Sein Fazit ist, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse und Motivationen auch zu unterschiedlichen Anforderungen, in seinem Fall an das Intranet gestellt werden müssen.
In meinem Fall – ich hoffe ihr erinnert euch noch? – geht es speziell um Lernmanagement-Systeme und nicht allgemein um Gamification, sondern mit klarer Fokussierung auf Digital Badges. Deswegen nehme ich zumindest den Aspekt der unterschiedlichen Bedürfnisse mit und versuche nun auf einer mehr pädagogisch, psychologischen Ebene das Thema Badges zu umreißen.
Motivationspsychologische Aspekte bei Badges
Denn Badges können nicht nur aus der Spiel-, Spaß- und Spannungsperspektive sehr sinnvoll sein, sondern auch aus Motivationspsychologischer Perspektive. Schließlich liegt es ja quasi auf der Hand, dass Badges ein Ziel darstellen, welches von dem Lernenden erreicht werden soll. Folglich ergibt es Sinn, sich im Rahmen von Badges-Systemen mit der Goal-Setting-Theorie auseinanderzusetzen.
Diese besagt, dass Ziele den Menschen motivieren können. Die Ziele sollten herausfordernd undkonkret beschrieben werden. Daraus resultiert dann ein Spannungsfeld, dass eine Handlung provoziert. Um die Motivation aufrecht zu erhalten, ist es wichtig, dass man regelmäßig Feedback gibt und über den derzeitigen Status informiert.
Bei der Konzeption von Badges muss man also einiges beachten, will man mit ihnen einen echten Mehrwert schaffen. Wenn man wie oben beschrieben auf die unterschiedlichen Benutzer eingehen will, so wäre es doch spannend, wenn die Benutzer sich selbst Badges auswählen aus einem Pool von Badges. Zwar kann der Lerner durchaus alle Badges „abarbeiten“, wenn er dies denn möchte, doch wäre es im Sinne der Selbstwirksamkeit und auch der Partizipation besser, den Lerner wählen zu lassen. Denn eine hohe Selbstwirksamkeit führt zu höheren Zielsetzungen und zu einer größeren Verbundenheit mit diesen Zielen.
Ein Pool an Badges ist auch wichtig, um der individuellen Aufgabenkomplexität gerecht zu werden. Schließlich muss man jedem Lerner sein eigenes Lerntempo zugestehen und seine eigenen Vorkenntnisse berücksichtigen. Soviel zum Badges-Pool.
Wenn man sich nun an die Konzeption von Badges setzt, und innerhalb der Zielsetzungstheorie bleibt, so dürfen die Badges nicht belieig sein. Vielmehr sollten sie spezifisch sein und konkret ausformuliert werden. Ein solches Vorgehen würde dann auch wiederum die Badge-Pool Variante unterstützen. Bei der Entwicklung spezifischer Ziele wäre es natürlich von Vorteil, wenn die Konzeptler sich mit den potenziellen Lernern auseinandersetzen, sich mit Ihnen unterhalten und aus deren Vorstellungen dann die spezifischen Badges entwickeln.
Ein Feedback des Status wäre dann zum Beispiel über einen Statusbalken denkbar, der in Prozent angibt, wie weit der Lerner bereits ist.
Wenn man sich nun den Lerner als Pfadfinder vorstellt, so wäre das Auszeichnungsband im Bereich des Online Lernens zum Beispiel das eigene E-Portfolio oder etwas konkreter der Mozilla Badge-Pack.
Wer will, kann nun auch noch diesen Satz in die Onlinewelt hieven:
Ziel der Pfadfinderbewegung ist es, „zur Entwicklung junger Menschen beizutragen, damit sie ihre vollen körperlichen, intellektuellen, sozialen und geistigen Fähigkeiten als Persönlichkeiten, als verantwortungsbewusste Bürger und als Mitglieder ihrer örtlichen, nationalen und internationalen Gemeinschaft einsetzen können.“
Hallo und danke für’s Verlinken. Es ist als Blogger großartig zu registrieren dass der eigene Aufwand nützlich für andere ist und wieder Denken auslöst 🙂
Gerade habe ich Teil 2 von 4 zu „Gamification“ abgeschlossen, werde das aber erst im neuen Jahr publizieren. Meine Sichtweise ist die eines IT-Consultant mit Schwerpunkt Collaboration und Wissensmanagement. Da ist die Business-Sicht quasi eingebaut.
Und aus der Sicht meine ich nicht dass, Zitat, „das Einsetzen von Badges selbst eine kleine Spielerei ist“. Ganz im Gegenteil habe ich für Teil 2 eine Vielzahl von Beispielen gesammelt und bewertet, in denen Gamification eingesetzt wird – sei es extern oder im Intranet. Punkte und Auszeichnungen sind ein mächtiges Instrument um Menschen zu Leistung zu motivieren. Nicht nur Pfadfinder 😉
Viele Grüße
Ludwig
Hey Ludwig :-),
Das macht dann ja wirklich Lust auf „mehr“ 😉
Dass es ein „mächtiges Instrument“ sein kann ist Gewiss. …Wie sonst hätte es Farmville geschafft, so viele Menschen zu begeistern. Doch finde ich, dass man ein Gamification-System oder ein Badge-System im Beruf oder im Lernkontext genau planen muss und es wirklich einen Mehrwert schaffen sollte.
Interessant fände ich auch mal den Aspekt zu betrachten, in wie weit man als Lerner in so manchem Gamification-Kontext seine Lernfreiräume wieder aufgibt. So ein System kann ja durchaus unter Lernsteuerung laufen, wenn man zum Beispiel nur für bestimmte Leistungen auch Rewards bekommt.
In Zeiten wo Selbstbestimmung und Konstruktivismus große Themen im Zusammenhang mit Online-Lernen sind, sollte man Badges auch kritisch betrachten. Aber vielleicht muss ich das als Pädagoge einfach tun^^
Interessant wäre für mich aus einer praktischen Sicht, wie man Kollaboration mittels Gamification fördern könnte…
Naja spannend ist das Thema allemal ^^