Ich weiß die drei Buchstaben PLE sind schon lange nicht mehr so hipp, wie die „Neuen“ aka OER, jedoch habe ich mich gefragt, was eigentlich aus PLE geworden ist. Man könnte diesen Post also vergleichen mit einer Rubrik namens „Was macht eigentlich…?“
Ausgangspunkt war die bei Twitter mehrfach geteilte Dissertation von Thomas Bernard (https://diigo.com/0b9kkv). Dort beschreibt er die PLE mit Literatur aus 2007 bis maximal 2010. Dies hat mich dann doch stutzig gemacht und ich habe mich gefragt, was denn seit dem so passiert ist. Schließlich ist iGoogle (na wer kennt’s noch?) bereits seit Jahren tot und Lernmanagementsysteme sind, wie Kerres es gefordert hat bis heute noch nicht in dem Maße permeabel, dass man sie als die Super-Aggregatoren (klingt wie Alligatoren) der Lernenden bezeichnen könnte. Irgendwie scheint es so, als hätte man die Möglichkeiten in Form von Tools und Apps so hingenommen und überlässt jeden Lernenden sich selbst. Denn letztlich ist eine PLE (Personal Learning Environment) schnell beschrieben. Nämlich als eine, wie der Name schon sagt, persönliche Lernumgebung. Der Lerner baut sich quasi nach seinen Wünschen und Vorlieben mit digitalen Tools seine persönliche Lernumgebung. Und da eine Aggregation anscheinend zu schwierig umzusetzen ist, muss halt jeder so mit seinen Tools klar kommen.
Die didaktische Konzeption einer PLE kann ja in letzter Konsequenz nur autodidaktisch sein. Jedoch benötigt die Person, die sich eine persönliche Lernumgebung aufbauen will (so habe ich Thomas Bernard verstanden) vor allem die Selbstlernkompetenz und die Medienkompetenz. Beides ist wichtig, wobei vor allem die Selbstlernkompetenz schon fast wie eine Disposition klingt und so zum deutlich entscheidenderen Merkmal wird, als es die Medienkompetenz. So schreibt Thomas Bernard in seinem Fazit:
Neben der Förderung von Medienkompetenz sollte die Förderung von Selbstlernkompetenz nicht vernachlässigt werden – idealerweise in deren Kombination. Nur so kann es gelingen, Lernende auf eine sich ständig in Veränderung befindliche Informationsgesellschaft vorzubereiten und sie un- abhängig davon zu machen, mit welchen Tools sie arbeiten. Denn eines hat die Zeit, in der die Arbeit entstand, gezeigt: Tools kommen und gehen, was bleibt ist die Fähigkeit, sich diese zu Nutze zu machen und zielführend für das eigene Lernen einzusetzen.
Zudem wird auch den enthusiastischten E-Learnern klar, dass die Toolifizierung nichts bringt. Ganz nach dem Motto:
„Wer nur einen Hammer hat, wird in allen Problemen einen Nagel sehen.“
Wenn ich an meine eigenen Anfänge zurückdenke, dann war dies tatsächlich in der kurzen Hype-Hoch-Zeit der PLE 2009/2010. Damals bestand meine PLE tatsächlich noch aus iGoogle, dem Google RSS Feedreader, Twitter und als Reflexionstool der Blog hier. Und dieser Blog kam dann erst sehr spät im Dezember 2010. Bei mir war es in der Tat zu Beginn die Begeisterung für die Technik und die Möglichkeiten an sich, die mich mit meiner PLE lernen ließen. Besonders das iPad war damals mein täglicher Lese- und Lernbegleiter. Da ich aber auch hauptsächlich über das Themenfeld E-Learning informieren wollte, war meine PLE ja fast schon ein „Inner-Circle“ und ich kam mit meinem Hammer tatsächlich erfolgreich voran. Zudem wurde mir im Pädagogik Studium die Selbstlernkompetenz quasi anerzogen. Also kein Problem…
Doch wie ist es im Durchschnitt?
Wenn ich mir nun überlege, wie die Studierenden heute ihre PLE aufbauen, dann würde ich behaupten, dass sich (fast) niemand bewusst eine PLE erstellt. Wenn man nach einer Aggregationsstelle von Lernressourcen und Informationen sucht, so ist dies definitiv das Smartphone oder evtl ein Tablet (im informellen Bereich). Doch um wirklich von einer PLE sprechen zu können, müssten die Studierenden das Gelesene auch irgendwie reflektieren. Doch das fehlt meiner Meinung nach völlig.
Meiner Meinung nach ist die Haltung der Studierende eine sehr konsumierende… den „Prosumer“, den Thomas Bernard anspricht, sehe ich nicht. Auch nicht im Jahre 2018. Vielmehr noch habe ich das Gefühl, dass die Informationen immer einfacher sein müssen. Dies zeigt auch die Verschiebung von Facebook weg, hin zu Instagram. Wortwörtliches Zitat einer Studierenden: „Insta ist so schön einfach… Foto, Foto, Foto und man muss nix kommentieren und ein Doppeltap reicht zum Reagieren. Bei Facebook muss ich mich immer ewig durchscrollen und es wird unübersichtlich und anstrengend.“
Das zeigt auch mir, dass es nicht an der Medienkompetenz liegt, vor allem nicht, wenn man von einer Medienbedienkompetenz spricht. Doch diese auch für sich sinnvoll zu nutzen ist vor allem eine Selbstlern- und auch Selbstregulations- und Selbststeuerungskompetenz, die durch frühe Aneignung und ständiges Üben aufgebaut werden muss.
Meiner Meinung nach braucht es in Schule und Hochschule immer wieder auch mindestens ein Pflichtseminar, dass diese zuletzt genannten Kompetenzen schult und fördert. Zwar wäre es auch wünschenswert, wenn die Lehrenden in ihren Fachseminaren die Selbstlern- und auch Selbstregulations- und Selbststeuerungskompetenz integriert mit ausbilden, doch wäre dies der deutlich schwierigere Weg.
Ich kann nur dafür plädieren, dass man bei aller Digitalisierung und Toolifizierung den Menschen nicht vergisst und diesen mit ganz banalen Selbstlernkompetenzen ausstattet, ehe man ihn auf die digitalisierte tolle neue Welt loslässt.
Ansonsten können wir davon ausgehen, dass sich der Studierende 20 Videos zu den tollsten Themen angesehen hat, diese jedoch meistens schon wieder nach zwei Wochen vergessen hat. Schließlich gibt es wieder neue Videos und Insta-Bilder, die konsumiert werden müssen.