Massive Offene Onlinekurse stehen derzeit, so habe ich das Gefühl, besonders hoch im Kurs. Gepusht wird das Phänomen besonders durch die vielen unterschiedlichen Angebote in den USA (EdX, Coursera, Udacity). Ich persönlich bin auch von dem Gedanken ganz angetan, an einer „Elite-Universität“ einen Onlinekurs zu besuchen. Und so geht es anscheinend nicht nur mir als „E-Learning Experten“ 😉 , sondern auch guten Freunden von mir, die sich nicht wirklich mit der ganzen Thematik beschäftigen. So kam es neulich zu der Frage von einem Freund von mir, der an der Ruhr-Uni Bochum gerade seinen Master in WiWi macht:
„ Hey Thomas kennst du eigentlich schon das Angebot von diesen Unis aus der USA…dieses…X…“
„Du meinst EdX?, der Unis Harvard, Berkeley und dem MIT?“
„Ja genau! Das doch voll cool, hab mich sogar für einen Kurs registriert, aber die meisten Kurse klangen nicht so gut. Aber der Eine (Kurs) klingt echt interessant.“
…
Kurzerhand habe mich dann auch noch registriert und nun haben wir beschlossen, zusammen mit einem weiteren Studenten der Uni Bochum, das „Ding“ zu „rocken“. Ich bin also gespannt, wie gut wir letztendlich wirklich den Kurs „Introduction to Computer Science“ (HarvardX) zumal die Anforderungen für ein Zertifikat wirklich herausfordernd zu sein scheinen. Estimated Effort: 9 problem sets (15 – 20 hours each), 2 quizzes, 1 final project.
Als Pädagoge und angehender Experte in Sachen E-Learning frage ich mich hingegen noch ganz andere Sachen. Schließlich handelt es sich um einen „Offenen Onlinekurs“. Doch wird hier offen eher auf der Teilnahmeebene begriffen, als in der Offenheit der Lernpfade. Somit frage ich mich, was, vor allem pädagogisch gesehen, das revolutionäre, tolle, an diesen Angeboten ist.
Das Web 2.0 wird ja gerne zum Beispiel als partizipatives Web, als „Mitmachnetz“ (Bernhardt&Kirchner), beschrieben. Doch wirkliche Partizipation wird auf der Ebene Kurs-Teilnehmer wohl kaum stattfinden. Dabei kann als Schablone ganz gut das erarbeitete Stufenmodell partizipativen Lernens von Kerstin Mayrberger genutzt werden (S.18 http://www.medienpaed.com/21/mayrberger1201.pdf). Demnach würde ich die Partizipation maximal auf der Pseudo- bzw. Scheinbeteiligung ansiedeln. Für meine Mitstreiter und mich werde ich somit vielleicht andere Wege suchen, um die Beteiligung zumindest auf einer Peer-to-Peer Ebene zu gewährleisten. Vielleicht bekomme ich sogar eine gemäßigte konstruktivistische Lernkultur hin, von der auch ich als Pädagoge unter WiWi-Studenten noch einiges Neues lernen könnte. (P.S.: Ein paar weitere motivierte Lerner, die sich uns vielleicht anschließen möchten, können sich gerne bei mir melden 😉 )
Neben dem Partizipationsgedanken frage ich mich schon vor Kursbeginn, wie hoch wohl die Drop-Out-Rates sein werden. Bzw. beschäftigen sich die MOOC-Builder von EdX und Co. damit, die Retention-Rates zu erhöhen? Als Verantwortungsvoller Pädagoge sollte man zumindest mal darüber nachgedacht haben. Als Ökonom in einem Bezahlkurs wird man sich bestimmt dazu Gedanken machen, aber als Marketingbeauftragter? Für eine Schlagzeile würde es ja reichen, wie viiiele an dem Kurs teilgenommen haben (z.B. 160 000). Dass vielleicht nur 20%, also gerade mal 35 000 den Kurs auch wirklich beendet haben, ist dann oft nur eine Randnotiz (Ein kritischer Artikel dazu findet sich hier ) . Fragt sich also, wo EdX und Co. stehen und wo Sie hin wollen. Auch ich frage mich, ob ich den Anforderungen gerecht werden kann und ob ich es schaffe den Kurs auch wirklich zu beenden (Passend dazu auch „Dropping Out of MOOCs: Is It Really Okay?“)
Komischerweise frage ich mich zurzeit nicht, ob die eigentliche Lehre wirklich gut ist. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich es bei einem Kurs der Harvard Universität erwarte, trotz des nachgestellten X….