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Wenn man Mehrwerte und didaktische Möglichkeiten von E-Learning formuliert, so müssen eigentlich auch die Begriffe Kooperation und Kollaboration genannt werden. Doch ist eine Trennung dieser beiden Begriffe oft nicht ersichtlich. Ich vermute gar, dass viele sich auch nicht die Gedanken dazu gemacht haben, diese beiden Begriffe zu unterscheiden. Auch Schmalz kommt zu dem Schluss, dass die “beiden Begriffe zurzeit wenig trennscharf und bisweilen nahezu synonym verwendet werden”1. Ludwig Höfer hat sich bereits 2012 in seinem Blog mit dem Begriff Kollaboration auseinandergesetzt und nennt erste Recherchen zu Begriffsdefinitionen “unbefriedigend”.
Doch möchte ich an dieser Stelle eine für mein weiteres Handeln bestimmende Unterscheidung und eine klare Begriffsbestimmung finden. Dabei soll vor allem der Aspekt des E-Learnings berücksichtigt werden.
Begibt man sich zunächst auf die unterste begriffliche Ebene, so bedeutet Kooperation soviel wie Mitwirkung und Kollaboration Mitarbeit. Eine semantische Unterscheidung müsste demnach zwischen dem Wirken und dem Arbeiten getroffen werden.
Wirken wäre dann meiner Meinung nach die etwas schwammigere Bezeichnung, da es eher in die Richtung “tätig sein” oder einfach nur “nützlich sein” geht. Das Arbeiten ist zwar auch ein “tätig sein”, jedoch ist die Tätigkeit dann zweckgerichtet und meist auch eine bewusste und oft auch schöpferische Handlung.
Folglich wäre die Kollaboration eine Teilmenge der Kooperation. Eine Kooperation ist zwar auch schon zweckgerichtet, weil die Bildung einer Kooperatung ja in der Regel auch einen Zweck hat bzw. haben soll, jedoch erst in der Bildung und nicht in der begrifflichen, semantischen Bedeutung selbst. Das Gemeinsame, das Miteinander entsteht erst durch ein gemeinsames Ziel. Bei der Kollaboration steckt das gemeinsame Arbeiten in der Begrifflichkeit selbst. Bei der Kollaboration ist der Fokus viel stärker auf dem Prozess des gemeinsamen Arbeitens gerichtet.
Folglich kann man sagen, dass kooperatives Lernen eher ein gemeinsames Ziel hat in dem es Arbeitspakete gibt, die man unter den Mitgliedern aufteilen kann, um am Ende das Ziel auch zu erreichen. Beim kollaborativen Lernen gibt es vielmehr ein gemeinsames Paket, dass dann von allen Mitgliedern gemeinsam bearbeitet wird.
Man kann vereinfachend festhalten, dass Kooperation eine zielorientierte und Kollaboration eine prozessorientierte Zusammenarbeit beinhaltet.
Wenn man nun an das Lernen im Netz denkt, so hat man ja auch gerne die eher chaotisch vernetzten Gebilde des Internets im Kopf. Folgerichtig würde man hier eher von einer kollaborativen Arbeit sprechen. Ein Wikipedia-Artikel zum Beispiel wird von verschiedenen Nutzern bearbeitet, jedoch kann jeder mitwirken und es ist nicht vorher festgelegt wer vielleicht später noch spontan miteinsteigt.
In diesem Zusammenhang ist durch das Internet und die stetig fortschreitenden technologischen Entwicklungen eine Kollaboration auf immer mehr Ebenen möglich geworden.Im Rahmen des E-Learnings könnte man also durchaus auch von einer Art E-Collaboration sprechen. Selbst bei Wikipedia lässt sich ein Artikel zum Thema E-Collaboration finden. Dort wird auch noch mal die Entwicklung beschrieben und in Generationsstufen unterteilt.
- Erste Generation
In dieser ersten Generation der E-Collaboration kamen vor allem Werkzeuge zum Einsatz, die bereits etabliert sind. Dazu gehören vorrangig E-Mail, Telefon und Kalender. Diese Tools sind schon seit langem im Einsatz, wurden aber nicht unter dem Begriff E-Collaboration zusammengefasst.
- Zweite Generation
Im Zentrum der zweiten Generation steht das Thema der noch engeren Zusammenarbeit. Dies brachte vor allem Tools wie das Instant Messaging, Dokumentenmanagement, Projektmanagement-Tools und Desktop Sharing, sowie Whiteboards und Online Meetings mit sich.
- Dritte Generation
Mit der dritten Generation kamen nicht nur neue Werkzeuge, sondern auch neue Ansätze, sowie eine stärkere Bedeutung der synchronen Kollaboration. Besonders die Entwicklung hin zu Social Software und Web 2.0 haben dies beeinflusst. Dies bedeutet vor allem eine Ausweitung der angesprochenen Personen, um das eigene Wissen zu erweitern. Dabei kann auf alle Personen zurückgegriffen werden, die etwas zu dem Thema beisteuern können und wollen. Werkzeuge dieser Generation sind unter anderem Tagging, RSS-Feeds, Tag-Clouds, Profile und Social Networking, Blogs, Social Bookmarking und Wikis.
Wenn ein Lehrender nun im Rahmen der Modulbeschreibungen ein Thema für die Lernenden vorgibt und Aufgaben stellt, so kann zwar mit den genannten Tools wie Wiki, Blog oder Profilen kollaborativ gearbeitet werden, jedoch ist der Rahmen dann immer kooperativer Natur.
Ein angeleitetes Selbststudium im Rahmen eines Seminars beispielsweise kann folglich nicht nur kollaborative Elemente beinhalten, sondern das Ziel wird ja bereits durch Aufgaben und einen vorgegeben Lehrplan auch immer kooperativ sein.
Wenn man in vielen Texten diese beiden Begriffe oft in einem Atemzug liest, so ist dies vielleicht nicht einer fehlenden Trennschärfe geschuldet, sondern vielmehr der Notwendigkeit beide Begriffe für eine umfassende Beschreibung nutzen zu müssen…
Fußnote:
- Schmalz, Jan Sebastian (2007): Zwischen Kooperation und Kollaboration, zwischen Hierarchie und Hete-rarchie. Organisationsprinzipien und -strukturen von Wikis In: kommunikation@gesellschaft, Jg. 8, Beitrag 5 http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/B5_2007_Schmalz.pdf
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