Es war einmal…
2013 habe ich, damals noch E-Tutor an der FH Dortmund, Open Badges vorgestellt und musste zunächst etwas geduldig sein, ehe das Gelächter etwas leiser wurde. Doch wurde aus einer belächelten Haltung schnell ein kritisches Hinterfragen, bis es dann testweise umgesetzt wurde (und mittlerweile in deren Gesamtkonzept zur E-Tutoren-Qualifizierung miteinfließt 😉 ).
Hier nehme ich es gerne sehr philosophisch und gehe mit Schopenhauer[1]
Neue Ideen durchlaufen drei Phasen: Anfangs werden sie belächelt, später bekämpft, und irgendwann sind sie selbstverständlich. (Arthur Schopenhauer)
Schon damals konnte ich festhalten, dass „E-Tutoren, die zuvor nur schwer zum Webinarangebot zu motivieren waren, anscheinend eine neue Motivation gefunden haben in selbstgesteuerten Lernprozessen das Webinar und den entsprechenden Test zu absolvieren.
Im Sinne der Qualifizierung der E-Tutoren ist dies natürlich wunderbar!“
Dann wurde es auch von meiner Seite aus etwas ruhiger um die Implementierung von Open Badges in ILIAS…
Doch im frühen Herbst 2015 bekam ich in guten Gesprächsrunden mit Kollegen auf der ILIAS Konferenz zu neuer Motivation und so rollten wir das Thema zusammen mit einer Entwicklerfirma in einem ersten Workshop erneut auf. Wichtig war es vor allem die Open Badges von den bisher vorhandenen Auszeichnungssystemen klar abzugrenzen und das Alleinstellungsmerkmal hervorzuheben. Die bisherigen ILIAS Lösungen sind zwar mit dem Kompetenzmanagement und den Zertifikaten durchaus schon gut abgedeckt gewesen, jedoch sind beide Konzepte eher analoger Natur, die in die digitale Welt gehievt wurden. Zumal das Kompetenzmanagement in ILIAS zwar durchaus sehr mächtig sein kann, jedoch auch nur sehr schwer zu durchdringen ist und in der Darstellung nicht gerade „hübsch“ ist. Und bei den Zertifikaten ist es dann so, dass viele offiziell die Zertifikate gar nicht ausstellen dürfen.
Digitale Lösungen für digitales Lernen
Mit den Open Badges wird nun nicht versucht bisherige „analoge“ Möglichkeiten zu übertragen, sondern für digitales Lernen auch digitale Lösungen anzubieten. Oft wird mit Lernmanagementsystemen versucht, das bisherige analoge Lehren und Lernen effizienter, schneller und komfortabler zu gestalten und „Altbewährtes“, wie Zertifikate und Noten zu digitalisieren. Zudem wird ein Lernmanagementsystem gerne als „Lerninsel“ tituliert, welches in der heutigen digitalisierten Welt einfach nicht mehr zeitgemäß sei. Doch auf der anderen Seite steht, dass der Lernprozess an sich auch geschützt sein muss. Nicht jeder Lernende möchte all seine „Lernvorgänge“ öffentlich zur Schau stellen. Auch wenn es durchaus schon „didaktisch akzeptierter“ ist, aus Fehlern zu lernen, so möchte man vielleicht das Gelernte präsentieren, aber bitte doch nicht all die Fehler, die man gemacht hat.
Mit Hilfe der Open Badges wird ein Lernmanagementsystem nun aber permeabel. So, wie es Kerres et al. bereits 2011 gefordert haben und versuchten mit Drupal dies umzusetzen (Was ist daraus eigentlich geworden…*grübel*).
Wenn nun eine soziale Lernplattform grundsätzlich permeabel sein kann zu ihrer Umwelt, dann ist für verschiedene Arten von Lernaktivitäten zu entscheiden, wie diese für Andere innerhalb oder außerhalb der Plattform sichtbar werden soll[2].
Die passgenaue Reisefähigkeit
Und genau hier setzen Open Badges an. Dank des Mozilla Backpacks oder der EU Version aus Finnland mit Open Badge Passport kann man Gelerntes aus verschiedensten „Richtungen“ an einem Ort sammeln und selbst entscheiden, was man der Öffentlichkeit präsentiert.
Open Badges können „reisen“!
Das Schöne dabei ist, dass jeder Lerner selbst am Check-In steht und für jeden einzelnen Badge entscheiden kann wohin dieser reist. UND, noch schöner, der Lernende kann bestimmen, mit welchen anderen Badges vereist werden soll (es können Sammlungen erstellt werden und mit den verdienten Badges befüllt werden).
Das LMS wird schön
Neue Wege stoßen oft auf Skepsis. Das ist mir in vielen Gesprächen klar geworden. Doch merke ich auch, dass alle kritischen Äußerungen und Bedenken keinen Einfluss auf meine Überzeugung haben, dass Open Badges funktionieren und großes Potenzial haben.
Neben den grundsätzlichen Vorteilen von Open Badges in Sachen Motivation, Anerkennung, Permeabilität, Sichtbarkeit usw. braucht ein Lernmanagementsystem auch endlich mal etwas mehr „sexapeal“. „Etwas mehr Schönheit“. Etwas mehr „verspieltes“.
Die ersten Screenshots aus ILIAS zeigen meiner Meinung nach auch, dass dies mit Open Badges auch erreicht wird. Doch auch wenn wir mit ILIAS 5.2 endlich eine erste Implementierung von Open Badges in ILIAS erreicht haben, so gilt es auch hier viele weitere Module in ILIAS „aufzubohren“ und die Möglichkeit zu schaffen, Auszeichnungen bzw. Verdienste zu „verbadgen“.
Weiterentwicklungen rund um Open Badges
Wir können also festhalten, dass man mit Open Badges eine digitale Lösung für digitales Lernen schafft, verschiedenste Systeme permeabel macht und so Lernleistungen miteinander verbunden werden können (Beispielsweise über OB Sammlungen). Don Presant beschrieb es erst vor kurzem so:
It is becoming increasingly:
-
Diverse (supports many objectives)
-
Interwoven (recognizes lifewide activities, networks amplify value)
-
Open (highly permeable, accommodates many minds)
Und durch die vielfältigen, unterschiedlichen, miteinander verflochtenen und offenen Badges werden dann weitere Potenziale offensichtlich. So könnte man mit Hilfe der bereits verdienten Badges Empfehlungen, ähnlich wie bei Amazon, aussprechen: „Basierend auf den erreichten Badges, empfehlen wir dir folgende Badges zu verdienen.“
Oder man kann verschiedene Badges miteinander mixen. Wenn ich nun die ersten Lerneinheiten im Video-Online-Kurs der Mooin Plattform gemacht habe, dann könnte ich ja spezielle Badges dazupacken, die vielleicht meine Lernleistungen im Bereich Videoschnitt mit Adobe Premiere CC anzeigen. Basierend auf diesen Badges könnte man mir dann empfehlen, neue Badges im Bereich After Effects zu sammeln oder nun einen Profikurs via Lynda.com zu besuchen.
Wenn ich dann sehr viele solcher Badges gesammelt habe und demzufolge vielleicht ein Experte in Sachen Video bin, dann wäre es doch wunderbar, wenn ich mein erworbenes Wissen wieder mit anderen teile. Und na klar, anderen somit auch die Möglichkeit geben, Badges bei mir zu verdienen. Hier singe ich zwar eindeutig Zukunftsmusik, doch arbeitet die Open Badge Factory bereits im Salava Project genau an diesem Thema.
The goal of the Salava project is to further develop Open Badge Passport as a personal and collaborative learning environment where badges can not only be used to built micro-portfolios but also to support online social interaction between badge earners, organisations and communities of practice.
Folglich kommen wir dann auch dem Titel schon sehr nah: „Learning is Earning“
Meiner Meinung kommen gerade mehrere äußerst spannende Themenfelder rund um Badges auf, die es gilt im Auge zu behalten!
Was ebenfalls nach wirklich toller und begeisterungsfähiger Zukunftsmusik klingt, sind die beiden folgenden Videos die sich ebenfalls mit Badges (bei LRNG – Evolution of Learning) oder einer „mutierten, verbesserten Version“ von Badges (Learning is Earning 2026) beschäftigen. Diese Videos möchte ich dann auch als inspirierenden Abschluss dieses Beitrags einfach so stehenlassen.
Pingback (Kurzfassung): Netzlernwelt | Die verschiedenen Betrachtungsweisen auf Open Badges