Nachdem ich ja bereits gestern über MOOCs und die Innovationskurve im E-Learning geschrieben habe, möchte ich mich heute zunächst weiter an den Vorträgen entlang hangeln, um dann nochmals einige Aspekte der zwei halben Tage in Tübingen zu reflektieren. Dabei stehen Themen wie Open Education aber auch wieder das Thema MOOCs im Fokus.
Nach dem Vortrag von Ulrike Cress folgte der von Christian Spannagel. Der, wie ich finde, eine echt coole Sau ist. Er ist auch einer der vielen Personen im Netz, denen man bei Twitter folgt und von dem man natürlich auch seine Ideen zum flipped classroom kennt.
Nun durfte ich ihn auch mal „live“ erleben und seinem Vortrag zu Open Science und Open Education lauschen. Herr Spannagel beschrieb in dem Vortrag 10 Gründe, warum er sich für „Open“ entschieden hat und zum Beispiel Lehrvideos bei YouTube für Jedermann zur Verfügung stellt und seine Gedanken verbloggt. Dabei möchte ich nun garnicht so sehr auf die Punkte eingehen, denen ich im weitesten Sinne zustimme, sondern vielmehr die Punkte ansprechen, die mich stutzig stimmen.
Open ist gut! …aber nicht für jeden!
Zunächst einmal ganz allgemein zum Thema Open: Ich finde es gut und richtig und wichtig, dass es Personen gibt die so etwas machen. Aber kann dies überhaupt ein Mittel/ eine Option für jeden sein? … ich glaube nicht. Zunächst aus struktureller Sicht, da ich mir durchaus vorstellen kann, dass nicht jeder Hochschulleiter, -rektor oder sonst irgendeine leitende Person der Hochschule darüber erfreut ist, dass seine Dozenten/ Professoren, die Lehre frei zur Verfügung stellen. Ein zweiter Punkt ist die Wiederholung (Warum soll ich meine Lehre zu einem Thema öffnen, wenn es das Thema doch schon bereits gibt?). Ein dritter Punkt: Wenn ich nun Lehrer der Mathematik bin und mich „öffne“, so setze ich mich doch auch sofort dem direkten Vergleich mit den bereits berühmten „Online-Education-Mathe-Profis“ aus. Ob dies nun wirklich jeder möchte?… Ich glaube es nicht.
In diesem Zusammenhang bin ich dann auch nochmal bei den Punkten 9 und 10 hellhörig geworden. Nämlich:
9.) Being famous und 10.) Stimulus-Garantie
Zunächst stimme ich diesen sofort zu. Doch glaube ich auch hier, dass diese Punkte auch nur für einige wenige im Netz zutrifft. Schon allein der „famous“-Begriff impliziert ja, dass nicht jeder Berühmt sein kann, sonst wäre man ja nicht berühmt. Genau so ist es bei der Stimulus-Garantie, die ja in hohem Maße von dem Grad der Bekanntheit und der Berühmtheit abhängt. Was jetzt für mich nicht weiter schlimm ist, jedoch für mich ein klarer Beweis für eine Art Digital Divide ist.
Wer sich nun dazu selbst ein Bild machen möchte kann ja zum Glück den Vortrag aus Tübingen nochmal bei YouTube ansehen.
E-Learning „kann spannend und motivierend sein, aber auch mühsam und abschreckend“
Im Anschluss an Open Science und Open Education folgte der Beitrag von Joachim Wedekind, der auf 10 Jahre e-teaching.org zurückblickte und dabei feststellte, dass es für die Praxis nicht unbedingt förderlich war/ist, dass das Feld „E-Learning“ einem extrem schnellen Wandel unterliegt. Was unter anderem auch an den ständig ausgerufenen „Revolutionen“ festgemacht werden kann.
jaja…man denke nur an die derzeitige Revolution durch die MOOCs. Wer mag kann sich auch hier die Präsentation ansehen:
MOOCs – Nutzerzahlen wichtiger als die Didaktik…bitte waaas?
Als Abschlussvortrag durfte dann Pierre Dillenbourg über seine Erfahrungen mit MOOCs refferieren.
Was man definitiv feststellen konnte (auch wenn er betonte, dass es nur eine „number“ ist), war seine Begeisterung für MOOCs. Man merkte, dass Herr Dillenbourg fasziniert war, von der Tatsache, wie viele sich registrierten und wie viele letztlich auch den Kurs mitgemacht haben. All seine Begeisterung in Ehren, möchte ich auch bei diesem Vortrag auf 1-2 Punkte eingehen, die mich nachdenklich gestimmt haben…
Zunächst muss man sagen, dass die Zahlen aus manchen MOOCs wirklich beeindruckend sind, doch als dann – wenn auch mit einem zwinkernden Auge – gesagt wurde, dass man sich überlegen müsse, ob die Nutzerzahlen nicht wichtiger seien als die Didaktik, weil diese ja schließlich beweisen würden, was der Lerner wirklich wolle…da hat’s mir schon ein wenig die Schuhe ausgezogen. Allein dass über so einen Gedanken bei einer Tagung gesprochen wird, die ein Teaching im Namen tragen, ist für mich ein klares Zeichen gewesen, wie weit es MOOCs bei uns gebracht haben.
Manchmal hatte ich das Gefühl, dass MOOCs mit all seinem Hype und seinen großen Anmeldezahlen wie der ägyptische Zauberer Iris aus „Asterix erobert Rom“ agiert und uns alle mit seinen magischen „Anmeldezahlen“, der „Berühmtheit“, den „Möglichkeiten“ zu Wildschweinen verzaubern will, die dann grunzend der MOOC-Welle folgen.
Ein zweiter Punkt war dann nicht direkt mit der Rede von Herrn Dillenbourg verknüpft, sondern mit einem Fund von ihm… Es gab wohl eine finnische? Universität, die wohl ein eigenes Lehrangebot über den MOOC von Herrn Dillenbourg realisiert hat. Ganz einfach, indem sie auf den MOOC verwiesen und meinten „Hey, wenn ihr etwas zu dem Thema wissen wollt, dann macht diesen MOOC“.
Was mich dazu bringt, wann dieses Szenario wohl in Deutschland in Mode kommt. Schließlich gibt es zum Beispiel fast an jeder Uni mit dem Studiengang Psychologie die Einführungsveranstaltung „Entwicklungspsychologie“. Warum also diese Veranstaltung an jeder Uni lehren und dafür einen teuren Prof bezahlen, wenn man das Ganze nicht auch günstig im Netz finden kann. Klar ist zwar, dass ich hier noch herumspinne, aber der Fund von Herrn Dillenbourg hat mir gezeigt, dass ich nicht verrückt bin, wenn ich an solche Szenarios denke…
In diesem Sinne mache ich für heute wieder Schluss… die „echte“ Praxisarbeit an der Koordinierungsstelle E-Learning ruft und dort geht es wohl 0,0 um das Thema MOOCs 😉
Also auf einen 3. Blogpost! 🙂